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Tätigkeitsbericht 2022

Ombudsstelle Tätigkeitsbericht 2022

Gerne präsentieren wir Ihnen den Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für das Geschäftsjahr 2022. Als unabhängige Institution haben wir uns der Aufgabe verschrieben, bei Streitigkeiten ein vertrauensvoller Vermittler zwischen Kundinnen und Kunden sowie Finanzdienstleistenden zu sein.

Im vorliegenden Bericht geben wir Ihnen einen Überblick über unsere Tätigkeiten, Herausforderungen und Erfolge im vergangenen Jahr. Wir zeigen auf, wie wir durch unseren konstanten Einsatz für einvernehmliche, aussergerichtliche Streitbeilegungen Mehrwert für die bei uns angeschlossenen Finanzdienstleistenden und Ihre Kundinnen und Kunden schaffen konnten.

Auch wenn unsere Ombudsstelle bereits seit einigen Jahren aktiv ist, gab es auch im Geschäftsjahr 2022 keine Routine in unserer Tätigkeit. Der Schweizer Finanzsektor befindet sich weiterhin in einem Veränderungsprozess, welcher insbesondere durch neue regulatorische Rahmenbedingungen angestossen wurde. Dieses veränderte regulatorische Umfeld für die Finanzdienstleistenden sowie die an den Finanzmärkten eingetretenen ausserordentlichen Ereignisse hatten in den unterschiedlichsten Bereichen auch Auswirkungen auf unsere Ombudsstelle. Einerseits gab es erhöhten administrativen Aufwand durch zahlreiche Neuregistrierungen und einige Abmeldungen von Finanzdienstleistenden. Andererseits machten sich die aktuellen Themenbereiche auf der inhaltlichen Ebene bei der Bearbeitung von Schlichtungsanfragen bemerkbar.

Bei den Abmeldungen von unserer Ombudsstelle war sicherlich von herausragender Bedeutung, dass im Zusammenhang mit der neu erforderlichen FINMA-Zulassungspflicht die Übergangsfrist für Schweizer Finanzdienstleistende am 31.12.2022 endete. Dies führte dazu, dass gewisse Finanzdienstleistende sich aus ihrer Geschäftstätigkeit zurückzogen. Von den insgesamt 127 Abmeldungen im Jahr 2022 betrafen 76 Abmeldungen Finanzdienstleistende mit Domizil in der Schweiz. Erfreulicherweise verzeichnete unsere Ombudsstelle auch zahlreiche neue Anmeldungen. Die Mehrzahl der neuen Anmeldungen betraf Finanzdienstleistende, die sich in einem Schweizer Beraterregister registrieren liessen. Mit 180 neuen Anmeldungen wurden die Abmeldungen weit übertroffen, wodurch auch im Geschäftsjahr 2022 die Zahl der bei unserer Ombudsstelle registrierten Unternehmen erneut gestiegen ist. Per Ende 2022 waren 1084 Finanzdienstleistende bei unserer Ombudsstelle registriert.

Reduktion der Grundgebühr

Erfreulicherweise erlaubte uns die effiziente Organisation unserer Ombudsstelle und die Zunahme der angeschlossenen Finanzdienstleistenden, trotz der auch bei unserer Ombudsstelle spürbaren Inflation, die Grundgebühr für das Jahr 2023 von CHF 540 auf aktuell CHF 520 zu reduzieren.

SCHLICHTUNGSANFRAGEN

Im vergangenen Jahr sind wir bei Schlichtungsanfragen auf verschiedene Herausforderungen gestossen, die es zu bewältigen galt. Die Komplexität und Unterschiedlichkeit der Fälle, mit denen wir konfrontiert wurden, erforderte teilweise umfangreiche Recherchen und eine sorgfältige Analyse, um angemessene Lösungen erarbeiten zu können. Wir haben sorgfältig darauf geachtet, allen Parteien zuzuhören, ihre Anliegen zu verstehen und trotz der Vertraulichkeit der Kommunikation mit den einzelnen Parteien einen konstruktiven Austausch zwischen ihnen zu gewährleisten. Dadurch haben wir zur Klärung von Missverständnissen beitragen können und Konflikte gelöst, oft sogar bereits in der Vorabklärungsphase, d.h. ohne ein Schlichtungsverfah­ren offiziell zu eröffnen. Bei einer Lösung von Konflikten in der Vorabklärungs­phase entstehen dem betroffenen Finanzdienstleisten­den keine Kosten, da unsere entsprechenden Dienstleistungen bis zur offiziellen Eröffnung eines Schlichtungsverfah­rens durch die jährliche Grundgebühr abgedeckt sind.

Im Berichtsjahr 2022 hat die Ombudsstelle 63 Schlichtungsanfragen erhalten. Dies sind doppelt so viele wie im Vorjahr.

Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass ein Schlichtungsverfahren erst dann gestartet werden kann, wenn ein konkreter Schaden beim Kunden eines Finanzdienstleistenden eingetreten ist, der Kunde oder die Kundin vorgängig versucht hat, das Problem bilateral mit dem Finanzdienstleistenden zu lösen und bisher keine andere Behörde in dieser Sache aktiv geworden ist.

Diese Kriterien werden bereits bei der Eingabe einer Schlichtungsanfrage über die Website unserer Ombudsstelle geprüft. Falls die Kriterien nicht erfüllt sind, wird bei der Online-Antragstellung über die Gründe automatisiert informiert. Diese Anfragen werden aus Datenschutzgründen nicht erfasst und sind in den oben erwähnten 63 Schlichtungsanfragen nicht enthalten. Wir gehen daher davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Anfragen deutlich höher war. Statistisch erfasst werden einzig die Schlichtungsanfragen, bei denen die Kriterien für ein Schlichtungsverfahren zunächst erfüllt zu sein scheinen, jedoch noch von einem Mitarbeitenden der Ombudsstelle im Einzelnen geprüft werden müssen. Dabei stellte sich heraus, dass die Ombudsstelle bei 61 Anfragen unzuständig war, entweder weil die Voraussetzun­gen für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht erfüllt waren oder, wie weiter oben erwähnt, der Fall bereits in der Vorabklärungsphase gelöst werden konnte. Da die Kosten eines durchgeführten Schlichtungsverfahrens vom betroffenen Finanzdienstleiste­n­den zu tragen sind und er am Schlichtungsverfahren teilzunehmen hat, prüft die Ombudsstelle sehr genau, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens erfüllt sind.

Im Folgenden sind einige Gründe aufgeführt, weswegen trotz einer eingereichten Schlichtungsan­frage kein Schlichtungsverfahren eingeleitet wurde.

Zu früher Zeitpunkt

Kunden kontaktierten die Ombudsstelle, um einen vermeintlich drohenden finanziellen Schaden frühzeitig abzuwenden. Das ist nachvollziehbar, jedoch ist die Einbeziehung der Ombudsstelle in einem so frühen Stadium vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Aufgrund unserer Erfahrungen stellt sich diese Regelung als sinnvoll dar. Bei allen Anfragen dieser Art musste, ähnlich wie im letzten Berichtsjahr, auch 2022 zu keinem späteren Zeitpunkt ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden, da der befürchtete finanzielle Schaden letztendlich nicht eintrat. Offensichtlich konnten diese Fälle, wie von uns empfohlen, über die Kontaktaufnahme des Kunden oder der Kundin mit dem Finanzdienstleistenden gelöst werden.

Wohnsitz nicht in der Schweiz

Unsere Ombudsstelle ist zuständig für alle Kunden und Kundinnen von Schweizer Finanzdienstleistenden. Bei ausländischen Finanzdienstleistenden jedoch nur für Kunden und Kundinnen mit Wohnsitz in der Schweiz. Falls sowohl der Kunde oder die Kundin als auch der Finanzdienstleistende im Ausland domiziliert sind, ist unsere Ombudsstelle nicht zuständig. Es gab einzelne Fälle, bei denen wir uns aus diesem Grunde für unzuständig erklärt haben, obwohl der ausländische Finanzdienstleistende bei uns registriert war.

Keine ausreichende Lösungssuche

Bei einzelnen Anfragen erklärte sich unsere Ombudsstelle für unzuständig, da der Kunde oder die Kundin sich zuvor nicht oder nur in geringem Umfang um eine bilaterale Lösung mit dem Finanzdienstleistenden bemüht hatte. In solchen Fällen wird dem Kunden oder der Kundin mitgeteilt, dass er oder sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf unsere Ombudsstelle zukommen kann, falls die bilaterale Lösungssuche misslingen sollte.

Bereitschaft für Lösungssuche

In einzelnen Fällen haben wir festgestellt, dass durch die Kontaktaufnahme unserer Ombudsstelle mit dem Finanzdienstleistenden im Rahmen von Vorabklärungen die Verhandlungsbereitschaft des Finanzdienstleistenden erwachte. Dies führte dazu, dass kein formelles Schlichtungsverfahren eingeleitet werden musste, da sich die Parteien schliesslich bilateral einigen konnten.

Unsere Ombudsstelle begrüsst und unterstützt es, wenn sich die Parteien bilateral einigen können und kein offizielles Schlichtungsverfahren eingeleitet werden muss.

Kein Fehlverhalten

Bei einzelnen Kundenanfragen konnte der Sachverhalt bereits telefonisch geklärt werden, da schnell klar wurde, dass offensichtlich kein Fehlverhalten seitens des Finanzdienstleistenden vorlag. Diese Kunden verzichteten von sich aus auf die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens. Die betroffenen Finanzdienstleistenden werden in diesen Fällen nicht informiert.

Abklärungen durch Jahresgebühr gedeckt

Vorabklärungen vor Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens zählen zum wichtigsten Grundservice unserer Ombudsstelle und sind durch die Jahresgebühr abgedeckt. Den betreffenden Finanzdienstleistenden wurden in diesem Zusammenhang folglich keine Aufwände in Rechnung gestellt. Für die Kunden und Kundinnen der Finanzdienstleistenden sind sowohl Schlichtungsanfragen als auch die Durchführung von Schlichtungsverfahren gebührenfrei. Mit der Gebührenfreiheit wurde die Hürde für Schlichtungsanfragen in finanzieller Hinsicht bewusst tief angesetzt, um einen guten Zugang zum Schlichtungsverfahren zu gewähren. Damit jedoch keine unnötigen Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, prüft die Ombudsstelle im Rahmen der Vorabklärungen das Vorliegen der Voraussetzungen sehr genau. Die vom Gesetzgeber geforderte tiefe Zugangshürde für die Kunden und Kundinnen weist aufgrund unserer Erfahrungen den Vorteil auf, dass dank der Kontaktaufnahme mit unserer Ombudsstelle Unklarheiten und Missverständnisse in einem frühen Stadium geklärt werden können. Dies verhindert, dass es aufgrund einer falschen Interpretation der Sachlage zu einer unnötigen Eskalation kommt. Die Kunden und Kundinnen profitieren somit auch ohne die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens im Rahmen der Vorabklärungen von einer professionellen Einschätzung durch eine neutrale Instanz, ohne dass einer Partei dadurch Kosten entstehen.

SCHLICHTUNGSVERFAHREN

Die Zahl der pendenten Schlichtungsverfahren vom Vorjahr und den im Berichtsjahr 2022 neu eröffneten Schlichtungsverfahren betrug zusammen drei. Von diesen drei Schlichtungsverfahren konnten im Berichtsjahr 2022 zwei mit Erfolg abgeschlossen werden und ein Verfahren war per Ende 2022 noch in Bearbeitung. 

Wir betrachten die geringe Anzahl der offiziell als Schlichtungsverfahren eröffneten und durchgeführten Fälle als positiv, da wir bereits in der Vorabklärungsphase vor Eröffnung eines Verfahrens die Konfliktparteien aktiv bei der Lösungsfindung unterstützen, insbesondere wenn es um geringe Streitwerte geht und ein einvernehmlicher Lösungsweg frühzeitig erkennbar ist.

EINIGE STATISTIKEN

Von den per Ende 2022 angeschlossenen Finanzdienstleistenden waren 66% (+2% gegenüber dem Vorjahr) aus der Schweiz und 34% (-2%) hatten ihren Sitz im Ausland. Die Zunahme der angeschlossenen Finanzdienstleistenden auf neu 1084 per Ende 2022 ist dabei hauptsächlich auf Finanzdienstleistende aus der Schweiz zurückzuführen.

Bei den aus dem Ausland stammenden Finanzdienstleistenden zählten zu den Top fünf Ländern Grossbritannien (ohne die Kanalinseln) mit 122, die USA mit 84, Deutschland mit 29, China (Hong Kong) mit 22 und Singapur mit 19 angeschlossenen Finanzdienstleistenden. Gesamthaft kamen die angeschlossenen Finanzdienstleistenden aus 34 verschiedenen Ländern.

Sämtliche Finanzdienstleistende haben vor ihrer Aufnahme eine Due Diligence durchlaufen, bei welcher die von der Ombudsstelle benötigten Informationen geprüft wurden. Das Hauptziel dieser Due Diligence ist es, sicherzustellen, dass der Anschluss an die Ombudsstelle nur jenen Finanzdienstleistenden erlaubt wird, welche legal im Schweizer Finanzsektor tätig sind.

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für das in uns gesetzte Vertrauen. Unsere Ombudsstelle wird auch in Zukunft mit grossem Einsatz, einer neutralen Haltung und einem pragmatischen Vorgehen aktiv dazu beitragen, dass die Konfliktparteien gute und ausgewogene aussergerichtliche Lösungen finden.

Beyzade Han
Mediatore