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Tätigkeitsbericht 2021

Ombudsstelle Tätigkeitsbericht 2021

Das erste Geschäftsjahr 2020 war hauptsächlich geprägt durch die Aufbauarbeiten der Ombudsstelle und der erstmaligen Registrierung der Finanzdienstleister. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021 wurden zunehmend personelle Ressourcen für die Vorabklärung von Schlichtungsanfragen und die Durchführung von Schlichtungsverfahren beansprucht. Trotz dieser Verlagerung wurden die personellen Ressourcen im Jahr 2021 weiterhin überwiegend für administrative Tätigkeiten eingesetzt. Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen wurden, obwohl die Anschlussfrist für Finanzdienstleister Ende 2020 endete, auch im Jahr 2021 mit 199 neuen Registrierungen in erhöhtem Umfang weitere Finanzdienstleister angeschlossen. Auf der anderen Seite wurde vom Bundesrat am 11. Dezember 2020 eine Einschränkung der Anschlusspflicht an Ombudsstellen beschlossen, welche am 1. Februar 2021 in Kraft trat und zu zahlreichen Abmeldungen führte. Unsere Ombudsstelle hat in diesem Zusammenhang alle bei ihr angeschlossenen Finanzdienstleister rechtzeitig über die Möglichkeit einer unbürokratischen Abmeldung informiert. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 134 Finanzdienstleister, hauptsächlich aufgrund dieser Einschränkung, von unserer Ombudsstelle abgemeldet.

SCHLICHTUNGSANFRAGEN

Im Berichtsjahr 2021 hat die Ombudsstelle 31 Schlichtungsanfragen erhalten. Bei 26 Anfragen erklärte sich die Ombudsstelle für unzuständig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht erfüllt waren.

Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass ein Schlichtungsverfahren erst dann gestartet werden kann, wenn ein konkreter finanzieller Schaden beim Kunden eines Finanzdienstleisters eingetreten ist, der Kunde vorgängig versucht hat, sein Problem bilateral mit dem Finanzdienstleister zu lösen und bisher keine andere Behörde in dieser Sache aktiv geworden ist.

Diese Kriterien werden bereits bei der Eingabe einer Schlichtungsanfrage über die Website der Ombudsstelle geprüft. Falls die Kriterien nicht erfüllt sind, wird bei der Online-Antragstellung über die Gründe automatisiert informiert. Diese Anfragen werden aus Datenschutzgründen nicht erfasst und sind in den oben erwähnten 31 Schlichtungsanfragen nicht enthalten. Wir gehen daher davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Anfragen deutlich höher war.

Da die Kosten eines Schlichtungsverfahrens vom betreffenden Finanzdienstleister zu tragen sind und er am Schlichtungsverfahren teilzunehmen hat, prüft die Ombudsstelle sehr genau, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens erfüllt sind.

Im Folgenden sind einige Gründe aufgeführt, weswegen trotz einer eingereichten Schlichtungsanfrage kein Schlichtungsverfahren eingeleitet wurde.

Zu früher Zeitpunkt

Kunden kontaktierten die Ombudsstelle, um einen vermeintlich drohenden finanziellen Schaden frühzeitig abzuwenden. Das ist nachvoll-ziehbar, jedoch ist die Einbeziehung der Ombudsstelle in einem so frühen Stadium vom Gesetzgeber nicht vorgesehen worden. Dies macht unseres Erachtens auch Sinn. Bei allen Anfragen dieser Art musste zu keinem späteren Zeitpunkt ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden, da der befürchtete finanzielle Schaden schliesslich nicht eintrat.

Kein finanzieller Schaden

Es gab Fälle, bei denen Kunden einen finanziellen Schaden geltend machten, beispielsweise aufgrund einer ungewollten Kontoschliessung und dem in diesem Zusammenhang ungewollten Verkauf von Wertschriften. Bei näherer Betrachtung zeigte sich jedoch, dass der ungewollte Verkauf von Wertschriften gar zu einem finanziellen Vorteil geführt hatte, da die Wertschriften in der Zwischenzeit gegenüber dem damaligen erzwungenen Verkaufszeitpunkt an Wert verloren hatten. Unabhängig davon, ob die Kontoschliessung berechtigt war oder nicht, erklärte sich die Ombudsstelle in solchen Fällen für unzuständig, da, wenn auch durch Glück, kein finanzieller Schaden entstanden war. Unsere Ombudsstelle verzichtete in solchen Fällen aus pragmatischen Gründen auf eine genaue Analyse der Umstände. Wären seit der Kontoschliessung die Wertschriften im Wert gestiegen, hätten wir eine nähere Abklärung des Sachverhalts vorgenommen.

Keine ausreichende Lösungssuche

Bei zahlreichen Anfragen erklärte sich die Ombudsstelle für unzuständig, da der Kunde sich zuvor nicht oder nur in geringem Umfang um eine bilaterale Lösung mit dem Finanzdienstleister bemüht hatte. Wenn kein ernsthafter Versuch zwischen Kunde und Finanzdienstleister unternommen wurde, den Fall zu klären, zieht es unsere Ombudsstelle vor, den Parteien diese Chance einzuräumen, bevor sie in der Sache selbst aktiv wird. Dies bietet dem Finanzdienstleister eine letzte Möglichkeit, den Fall zu bereinigen, ohne dass Kosten durch ein Schlichtungsverfahren entstehen. In solchen Fällen wird dem Kunden mitgeteilt, dass er zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf die Ombudsstelle zukommen kann, falls die bilaterale Lösungssuche scheitern sollte.

Bereitschaft für Lösungssuche

In einzelnen Fällen haben wir festgestellt, dass durch die Kontaktaufnahme unserer Ombudsstelle mit dem Finanzdienstleister im Rahmen von Vorabklärungen die zuvor fehlende Verhandlungsbereitschaft des Finanzdienstleisters plötzlich stark zunahm. Dies führte dazu, dass kein formelles Schlichtungsverfahren eingeleitet werden musste, da sich die Parteien schliesslich doch noch bilateral einigen konnten.

Kein Fehlverhalten

Bei einzelnen Kundenanfragen konnte der Sachverhalt bereits telefonisch geklärt werden, wodurch den Kunden klar wurde, dass offensichtlich kein Fehlverhalten seitens des Finanzdienstleisters vorliegt. Diese Kunden verzichteten von sich aus auf die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens.

Abklärungen durch Jahresgebühr gedeckt

Abklärungen aufgrund von Schlichtungsanfragen zählen zum Grundservice der Ombudsstelle und sind durch die Jahresgebühr der Finanzdienstleister abgedeckt. Den betreffenden Finanzdienstleistern wurden in diesem Zusammenhang keine Aufwände in Rechnung gestellt. Für die Kunden der Finanzdienstleister sind sowohl Schlichtungsanfragen als auch die Durchführung von Schlichtungsverfahren gebührenfrei. Mit der Gebührenfreiheit für die Kunden von Finanzdienstleistern wurde die Hürde für Schlichtungsanfragen in finanzieller Hinsicht bewusst tief angesetzt, um einen guten Zugang zum Schlichtungsverfahren zu gewähren. Damit jedoch keine unnötigen Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, prüft die Ombudsstelle im Rahmen der Vorabklärungen das Vorliegen der Voraussetzungen sehr genau. Die vom Gesetzgeber geforderte tiefe Hürde für die Kunden hat unseres Erachtens den Vorteil, dass Dank der Kontaktaufnahme mit unserer Ombudsstelle Unklarheiten bzw. Missverständnisse geklärt werden können, bevor es aufgrund einer falschen Interpretation der Sachlage unnötigerweise zu einer Eskalation kommt. Die Kunden profitieren somit auch ohne die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens im Rahmen der Vorabklärungen von einer professionellen Einschätzung durch eine neutrale Instanz.

SCHLICHTUNGSVERFAHREN

Nachdem im Jahr 2020 zwei Schlichtungsverfahren eröffnet wurden, wurden 2021 sechs weitere Schlichtungsverfahren eingeleitet. Von diesen acht Schlichtungsverfahren konnten im Berichtsjahr sieben abgeschlossen werden. Nur in einem von diesen sieben Verfahren konnte keine Einigung erzielt werden. Bei den übrigen sechs Verfahren konnten die Differenzen der Parteien im Rahmen des Schlichtungsverfahrens aussergerichtlich und abschliessend bereinigt werden.

Da die Zahl der durchgeführten Schlichtungsfälle immer noch überschaubar ist, verzichten wir an dieser Stelle auf nähere Erläuterungen zu den einzelnen Schlichtungsfällen, da allenfalls Rückschlüsse auf die Parteien möglich sein könnten. Allgemein formuliert ging es im Rahmen der durchgeführten Schlichtungsverfahren u.a. um Themen wie Interessenkonflikte, Retrozessionen, ungenügende Erfassung oder Missachtung des korrekt erfassten Risikoprofils oder der Anlagestrategie, fehlerhafte Gebührenberechnung, eine verspätete Reaktion des Finanzdienstleisters auf Kundenaufträge mit negativen finanziellen Folgen. Jeder Fall war auf seine Art einmalig und es zeigte sich, dass für eine effiziente und erfolgreiche Durchführung eines Verfahrens finanzsektorspezifische Fachkenntnisse SEHR wichtig sind.

EINIGE STATISTIKEN

Von den per Ende 2021 angeschlossenen Finanzdienstleistern waren 64% aus der Schweiz und 36% hatten ihren Sitz im Ausland.

Zu den Top 5 Ländern aus dem Ausland zählten Grossbritannien (ohne die Kanalinseln) mit 111, die USA mit 88, Deutschland mit 27, Hong Kong mit 24 und Singapur mit 19 angeschlossenen Unternehmen. Gesamthaft kamen die angeschlossenen Finanzdienstleister aus 33 verschiedenen Ländern.

Sämtliche Finanzdienstleister haben vor ihrer Aufnahme eine Due Diligence durchlaufen, bei welcher die von der Ombudsstelle benötigten Informationen geprüft wurden. Das Hauptziel dieser Due Diligence ist es, sicherzustellen, dass der Anschluss an die Ombudsstelle nur jenen Finanzdienstleistern erlaubt wird, die im Schweizer Finanzsektor legal tätig sind.

Wir danken allen Parteien für das in uns gesetzte Vertrauen. Unsere Ombudsstelle wird auch in Zukunft grossen Wert darauf legen, mit einer neutralen Haltung und einer pragmatischen Herangehensweise aktiv dazu beizutragen, dass die Konfliktparteien aussergerichtlich gute, ausgewogene Lösungen finden können.

Beyzade Han, Ombudsmann