Talstrasse 20, 8001 Zürich
+41 44 552 08 00
info@finos.ch

Tätigkeitsbericht 2024

Tätigkeitsbericht 2024

Tätigkeitsbericht 2024

Sie können den Tätigkeitsbericht als PDF-Version auf Deutsch hier und auf Englisch hier herunterladen.

In diesem Tätigkeitsbericht blicken wir auf das Geschäftsjahr 2024 zurück. Dass wir ihn erst jetzt mit etwas Verspätung veröffentlichen, hängt mit der zeitweise sehr hohen Auslastung unserer Ombudsstelle zusammen. Der Bericht beleuchtet, mit welchen Themen wir uns besonders beschäftigt haben, welche Hürden wir überwinden mussten und welche Erfolge wir erzielen konnten. Im Mittelpunkt unserer Bemühungen steht stets unser Engagement für faire aussergerichtliche Lösungen, von denen Finanzdienstleistende und ihre Kundinnen und Kunden gleichermassen profitieren.

Auch im Jahr 2024 waren die Veränderungen im Finanzsektor für unsere Ombudsstelle spürbar. Trotz ausbleibender neuer regulatorischer Vorgaben haben sich erneut zahlreiche Finanzdienstleister an- oder abgemeldet, was einen entsprechenden administrativen Aufwand bei unserer Ombudsstelle verursachte. Diese Mutationen scheinen auf die noch nicht abgeschlossenen strukturellen Anpassungen innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche in der Schweiz zurückzuführen zu sein. Die Anforderungen für einen Eintrag in ein Schweizer Beraterregister sind deutlich geringer als die für eine FINMA-Lizenz. Wir vermuten, dass die Veränderungen, die wir seit Längerem beobachten, damit zusammenhängen. Betrachtet man nur die Finanzdienstleister mit Sitz in der Schweiz, so zeigt sich, dass bei den Austritten aus unserer Ombudsstelle die prudentiell beaufsichtigten Finanzdienstleister mit 54 % gegenüber den in einem Schweizer Beraterregister eingetragenen Finanzdienstleistern (46 %) überwiegen. Bei den Neuregistrierungen hingegen überwiegen mit 65 % die Finanzdienstleister mit Beraterregistereintrag gegenüber den prudentiell Überwachten (35 %).

Im letzten Jahr verzeichnete unsere Ombudsstelle insgesamt 89 Abmeldungen. Davon betrafen 73 % Firmen mit Sitz in der Schweiz und 27 % Firmen aus dem Ausland. Zusätzlich zu den Abmeldungen wurden acht Finanzdienstleister wegen Nichtbezahlung der Grundgebühr ausgeschlossen, davon die Hälfte mit Sitz in der Schweiz.

Neben Abmeldungen und Ausschlüssen gab es im vergangenen Jahr zahlreiche Neuanmeldungen. Mit 104 neuen Anmeldungen wurden die Abmeldungen übertroffen. Dadurch ist die Zahl der bei uns registrierten Finanzdienstleister im Jahresverlauf 2024 entgegen unseren Erwartungen weiter gestiegen. Per Ende 2024 waren 1131 Finanzdienstleister bei uns registriert, was einer Zunahme um sieben entspricht.

Von den per Ende 2024 angeschlossenen Finanzdienstleistern hatten 68 % (+1 % gegenüber dem Vorjahr) ihren Sitz in der Schweiz, während 32 % (-1 %) im Ausland ansässig waren.

Zu den fünf Ländern mit den meisten im Ausland ansässigen Finanzdienstleistern zählten Grossbritannien (ohne die Kanalinseln) mit 110, die USA mit 72, Deutschland mit 31, China (Hongkong) mit 19 und Luxemburg mit 18 angeschlossenen Finanzdienstleistern. Insgesamt stammen die angeschlossenen Finanzdienstleister aus 33 verschiedenen Ländern.

Die Bearbeitung der An- und Abmeldungen sowie die Administration der bestehenden Finanzdienstleis­ter beanspruchte einen relevan­ten Teil unserer Ressourcen. Neben diesen administrativen Aufgaben lag unser Hauptfokus auf der Prüfung von Schlichtungsanfra­gen und der Durchführung von Schlichtungsverfahren.

Médiation

Unser Schlichtungsteam sah sich im vergangenen Jahr erneut mit einer grossen Bandbreite an Themen konfrontiert.

Ein fester Bestandteil unserer Arbeit ist inzwischen die regelmässige Prüfung, ob Finanzdienstleister ihre Verträge mit Kundinnen und Kunden eingehalten haben. Dank unserer gewachsenen Erfahrung können wir solche Fälle heute rascher und sicherer beurteilen. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass umfassendes Wissen über Finanzmärkte sowie vertiefte Kenntnisse einzelner Anlageklassen und Finanzinstrumente unerlässlich sind, um eine fundierte Beurteilung vornehmen zu können.

Ein weiteres Themenfeld bilden Betrugsfälle, bei denen die Verantwortung einer Bank immer wieder zur Diskussion steht. Bei den 23 Banken, die unserer Ombudsstelle angeschlossen sind, stellt sich immer wieder die Frage, ob betrügerische Geldabflüsse seitens der Bank hätten erkannt und durch rechtzeitige Massnahmen verhindert werden können. Dabei geraten auch die von den Banken eingesetzten IT-Sicherheitsstandards ins Blickfeld. Sind sie zeitgemäss oder begründet ein Mangel in diesem Bereich allenfalls eine Mithaftung durch die Bank? Solche Fragestellungen verdeutlichen die Vielfalt der Themen, mit denen sich unsere Ombudsstelle auseinandersetzt. Die unterschiedli­chen Themenfelder im Zusammen­hang mit Schlichtungsanfragen und -verfahren sind zwar herausfordernd, machen unsere Tätigkeit aber zugleich abwechslungs­reich und fördern den Ausbau unserer Kompetenzen.

Anzahl Schlichtungsanfragen

Im Berichtsjahr 2024 hat unsere Ombudsstelle 93 Schlichtungsanfragen erhalten. Damit hat sich die Zahl der Anfragen gegenüber dem Vorjahr (45) mehr als verdoppelt. Die Zahl der Schlichtungsanfragen schwankt zwar stark von Jahr zu Jahr. Unser Eindruck ist jedoch, dass sich die im Jahr 2020 neu gegründeten Ombudsstellen für den Finanzsektor zunehmend als anerkannte Instanzen zur aussergerichtlichen Konfliktbeile­gung in der Schweiz etablieren und dadurch verstärkt in Anspruch genommen werden. Für das Jahr 2025 ist ein neuer Rekord bei den Schlichtungsanfragen absehbar.

Vorabklärungen

Bei jeder Schlichtungsanfrage werden zunächst Vorabklärungen durchgeführt, bevor über die Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens entschieden wird. Während dieser Phase entstehen dem betroffenen Finanzdienstleister keine Kosten, da diese Aufwendungen durch die jährliche Grundgebühr abgedeckt sind.

Voraussetzungen für ein Verfahren

An dieser Stelle sei daran erinnert, dass ein Schlichtungsverfahren erst dann eröffnet werden kann, wenn ein konkreter Schaden eingetreten ist und der Kunde bzw. die Kundin zuvor versucht hat, das Problem direkt mit dem Finanzdienstleister zu lösen und bisher keine andere Behörde in dieser Angelegenheit aktiv geworden ist.

Diese Kriterien werden bereits bei der Eingabe einer Schlichtungsanfrage über die Website unserer Ombudsstelle geprüft. Falls die Kriterien nicht erfüllt sind, wird die Person noch während der Antragstellung über die Gründe informiert. Diese Anfragen werden aus Datenschutzgründen nicht erfasst und sind in den oben erwähnten Schlichtungsanfragen für das abgelaufene Jahr nicht enthalten. Wir gehen daher davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Anfragen deutlich höher war. Statistisch erfasst werden nur die Anfragen, die von einem Mitarbeiter unserer Ombudsstelle im Einzelnen geprüft werden. Bei 80 Schlichtungsanfragen erklärte sich unsere Ombudsstelle für nicht zuständig. Entweder waren die Voraussetzungen für ein Schlichtungsverfahren nicht erfüllt oder der Streit konnte bereits im Rahmen der Vorabklärungen durch das Eingreifen der Ombudsstelle beigelegt werden. In diesen Fällen war die Eröffnung eines offiziellen Verfahrens nicht notwendig.

Da die Kosten eines Schlichtungsverfahrens von den betroffenen Finanzdienstleistern getragen werden, prüft unsere Ombudsstelle sorgfältig, ob dessen Einleitung tatsächlich erforderlich ist. Gleichzeitig sind Finanzdienstleister oftmals daran interessiert, eine Auseinandersetzung in der für sie noch kostenfreien Vorabklärungs­phase beizulegen.

Im Folgenden sind einzelne Gründe aufgeführt, weshalb im Berichtsjahr 2024 trotz einer Schlichtungsanfrage kein Schlichtungsverfah­ren eingeleitet wurde.

Kein finanzieller Schaden

Im abgelaufenen Jahr kontaktierten Kundinnen und Kunden unsere Ombudsstelle, obwohl sie noch keinen finanziellen Schaden erlitten hatten. Die Einschaltung unserer Ombudsstelle vor dem Eintreten eines Schadens ist jedoch nicht möglich. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Im Zusammenhang mit einer neuen Vertragsbeziehung war ein Kunde der Ansicht, dass die Anlagestrategie für ihn falsch festgelegt wurde, wobei der Vermögensverwalter zu diesem Zeitpunkt noch keine Investitionen getätigt hatte. Hier ist klar, dass die Grundlage für ein Schlichtungsverfahren fehlt, da noch gar kein finanzieller Schaden entstanden war. Die falsche Anlagestrategie kam noch nicht zur Anwendung. In solchen Fällen empfehlen wir, in direkten Kontakt mit dem Finanzdienstleister zu treten und die Situation bilateral zu klären. 

Schwieriger zu beurteilen waren Fälle, in denen im Rahmen eines diskretionären Mandats trotz korrekter Anlagestrategie keine Investitionen seitens des Vermögensverwalters vorgenommen wurden oder im Rückblick „zu früh“ abgebaut wurden. Wir hatten mehrere Fälle, in denen Kunden einen entgangenen Gewinn beklagten. Hierzu ist festzuhalten, dass im Rahmen eines diskretionären Mandats typischerweise vorgesehen ist, dass der Finanzdienstleister selbstständig Anlageentscheidungen trifft. Er verfügt bei seiner Tätigkeit üblicherweise über einen Ermessensspielraum, der ihm in den meisten Fällen auch eine starke Reduktion der Portfoliorisiken erlaubt. Auch wenn sich eine solche Risikoreduktion im Rückblick als unvorteilhaft erweisen sollte, kann daraus unseres Erachtens in den meisten Fällen kein Schadenersatzanspruch abgeleitet werden. Wurde jedoch vertraglich eine Mindestanlagequote festgelegt oder hat der Finanzdienstleister die Vermögenswerte des Kunden oder der Kundin über einen längeren Zeitraum grundlos bzw. aus reiner Nachlässigkeit nicht angelegt, sieht die Sachlage anders aus. Wie so oft hängt auch hier alles von den spezifischen Umständen eines jeden Einzelfalls ab. Für unsere Ombudsstelle besteht die besondere Herausforderung darin, die Sachverhaltsabklärung so zu gestalten, dass bei jedem Fall die jeweiligen Besonderheiten angemessen berücksichtigt und daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden.

Wohnsitz ausserhalb der Schweiz

Unsere Ombudsstelle ist für alle Kundinnen und Kunden von Schweizer Finanzdienstleistern zuständig. Bei ausländischen Finanzdienstleis­tern jedoch nur für Kunden und Kundinnen mit Wohnsitz in der Schweiz. In Konstellationen, in denen weder der Kunde oder die Kundin noch der Finanzdienstleister in der Schweiz ansässig sind, darf unsere Ombudsstelle nicht tätig werden. Im Berichtsjahr gab es erneut mehrere Fälle, in denen wir uns aus diesem Grund für unzuständig erklären mussten. In der Regel ist dann eine Ombudsstelle im Ausland zuständig, sodass die Kundinnen und Kunden dennoch eine vergleichbare Anlaufstelle haben.

Fehlende Bemühungen um eine Lösung

In einigen Fällen hat sich unsere Ombudsstelle zunächst für nicht zuständig erklärt, da weder die Kundinnen und Kunden noch die Finanzdienstleister zuvor ausreichend versucht hatten, bilateral eine Lösung zu finden. Wir weisen in solchen Fällen jedoch darauf hin, dass eine erneute Eingabe möglich ist, sollte die Lösungssuche ohne uns scheitern. Oft gelingt es den Parteien jedoch bereits in diesem Stadium, eine Einigung zu erzielen – nicht zuletzt, weil die Möglichkeit einer späteren Einschaltung unserer Ombudsstelle für einzelne Finanzdienstleis­ter einen zusätzlichen Anreiz darstellt, Differenzen zu bereinigen.

Kein Fehlverhalten

Wenn unsere Vorabklärung ergibt, dass kein Fehlverhalten des Finanzdienstleisters vorliegt, wird kein Schlichtungsverfahren eröffnet. Wir erläutern unsere Entscheidung diesen Kundinnen und Kunden ausführlich, wobei diese nicht immer auf volle Zustimmung stösst. In solchen Fällen erfolgt eine Kontaktaufnahme mit dem Finanzdienstleister nur, wenn für die Sachverhaltsabklärung auch Informationen von ihm benötigt werden.

Niedrige Hürde für Schlichtungen

Médiation

Die Anzahl der im Berichtsjahr 2024 neu eröffneten Schlichtungsverfahren betrug 14 (Vorjahr sieben). Von diesen konnten drei (im Vorjahr sechs) mit Erfolg abgeschlossen werden. Sechs Verfahren befanden sich zum Jahresende 2024 noch in Bearbeitung und fünf Verfahren wurden ohne Einigung abgeschlossen.

Reduktion der Grundgebühr

Die weiterhin effiziente Organisation unserer Ombudsstelle sowie die Zahl der angeschlossenen Finanzdienstleister ermöglichten eine weitere Senkung der Grundgebühr. Nachdem diese bereits 2023 und 2024 in zwei Schritten auf CHF 500 reduziert worden war, beschloss der Vorstand angesichts der soliden finanziellen Lage Ende 2024 eine erneute Reduktion der Grundgebühr für das Jahr 2025 auf CHF 480. Eine weitere Reduktion für 2026 steht zur Diskussion, wobei zum aktuellen Zeitpunkt noch kein Vorstandsbeschluss vorliegt.

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für ihr Vertrauen. Wir werden auch in Zukunft mit grossem Einsatz daran arbeiten, aussergerichtliche Lösungen zu fördern, die für alle Parteien tragfähig sind.

Beyzade Han
Médiateur